Zunderschwamm: Historischer Glutträger als Alternative zur Räucherkohle

Zunderschwamm (Fomes fomentarius) ist ein Baumpilz, der seit Jahrtausenden vom Menschen genutzt wird – und heute eine Renaissance erfährt als natürliche Alternative zu chemischer Schnellzündkohle beim Räuchern. In diesem Beitrag beleuchte ich sowohl die geschichtliche Verwendung des Zunderschwamms als Glutträger, als auch seine moderne Anwendung als umweltfreundlicher Räucherkohle-Ersatz. Zudem erkläre ich, wie man den Pilz vorbereitet und verwendet, und gehe auf ökologische Vorteile sowie die Frage nach seinem Eigengeruch beim Glimmen ein. (Spoiler: Der Pilz selbst wird hier nur als glimmende Hitzequelle genutzt, nicht als duftendes Räuchermittel.)

Geschichtliche Verwendung des Zunderschwamms

Schon in prähistorischer Zeit wussten unsere Vorfahren die eigentümlichen „Baumschwämme“ zu nutzen. Bereits in der Steinzeit wurde die weiche Mittelschicht des Zunderschwamms zu Zunder verarbeitet, der Funken sofort zum Glimmen bringt und dabei nur sehr langsam verglimmt. Durch diese Eigenschaft erhielt der Pilz seinen Namen und wurde über Jahrhunderte hinweg als Glut-Aufbewahrer und Feuertransportmittel eingesetzt.

Auch im Mittelalter nutzten die Menschen den Zunderschwamm, um Glut über weite Strecken zu transportieren und ihr Räucherwerk zu entzünden. Damals schnitt man den Pilz in Scheiben, trocknete ihn und behandelte ihn speziell (etwa durch Fermentation oder Salpeter), um die Zündfähigkeit weiter zu erhöhen. Daher stammt der Spruch „es brennt wie Zunder“, der auf die hervorragende Brennbarkeit dieses Pilzes anspielt. Für unsere Zwecke als Glutträger genügt jedoch das einfache Trocknen des Pilzes – die aufwändige Behandlung war nur nötig, um aus dem Zunderschwamm einen Funkenfänger fürs Feuerschlagen herzustellen.

Historische Funde untermauern diese Nutzung: Selbst der über 5000 Jahre alte Ötzi trug Stücke von Zunderschwamm bei sich, vermutlich um damit unterwegs Feuer zu machen. Bis in die Neuzeit blieb der Pilz in Gebrauch – nicht nur zum Feuerentfachen, sondern z.B. auch in der Heilkunde (als blutstillender Wundschwamm). Mit der Verfügbarkeit von Schwefelhölzern und industrieller Kohle geriet der Zunderschwamm dann zeitweise in Vergessenheit.

Zunderschwamm als Räucherkohle-Ersatz

In den letzten Jahren entdecken Naturliebhaber, Räucher-Enthusiasten und Nachhaltigkeitsbewusste den Zunderschwamm neu als Räucherkohle-Ersatz. Die üblichen selbstzündenden Kohletabletten erfüllen zwar ihren Zweck, doch manch einer hat dabei Bedenken bezüglich der Inhaltsstoffe – schließlich atmet man den Rauch dieser Kohle direkt ein. Ich persönlich mochte den chemischen Geruch der Schnellzünder nie besonders und fragte mich, welche Alternativen es geben mag. In Susanne Fischer-Rizzis „Das Buch vom Räuchern“, las ich zum ersten Mal von der Möglichkeit mit dem Zunderschwamm zu räuchern.

Tatsächlich bieten heute einige Fachhändler wieder getrocknete Zunderschwamm-Stücke als „natürliche Alternative zu industriell hergestellter Kohle“ an. Der Pilz glimmt langsam vor sich hin und erzeugt eine gemäßigte Hitze, die ideal ist, um Harze, Hölzer und Kräuter schonend zu verräuchern. Anwender schätzen, dass der Zunderschwamm keine Funken sprüht und ohne zusätzliche Chemie auskommt – man räuchert also rein mit einem Naturprodukt. Allerdings hat diese Natürlichkeit auch ihren eigenen „Charakter“: Die Brenndauer ist etwas kürzer als bei gepresster Kohle, und man braucht einen achtsamen Umgang, da der Pilz nicht immer ganz gleichmäßig brennt. Ich sehen gerade darin aber den Reiz, es fordert mich achtsam zu sein, fühlt sich ursprünglich an und verbindet mich mit alten Ritualen.

Ich selbst war begeistert, als ich das erste Mal ein glimmendes Zunderschwamm-Stück statt einer Kohletablette in meiner Räucherschale verwendete. Man bekommt ein Gefühl dafür, wie unsere Vorfahren mit Feuer und Glut umgingen, und das Räuchern wird beinahe zu einer kleinen Zeitreise. Im Folgenden eine Anleitung, wie man den Zunderschwamm richtig vorbereitet und anwendet.

Vorbereitung und Anwendung des Zunderschwamms

Die Anwendung von Zunderschwamm als Glutträger erfordert ein wenig Vorbereitung, ist aber nicht kompliziert. Wenn man keinen fertig getrockneten Zunderschwamm gekauft hat, kann man ihn auch selbst in der Natur sammeln (typischerweise wächst er an toten Birken oder Buchen). Wichtig: Der Zunderschwamm steht nicht unter Naturschutz (laut NABU), dennoch sollte man aus Respekt vor der Natur immer nur wenige Exemplare und nur von abgestorbenem Holz entnehmen. Der Pilz kann sehr fest am Baum sitzen – ein kräftiger Schlag mit dem Handballen gegen den Rand löst ihn oft.

Hat man einen Zunderschwamm zur Hand, geht es so weiter:

  1. Trocknen: Ein frisch gesammelter Zunderschwamm muss vollständig durchgetrocknet werden, bevor man ihn entzünden kann. Am besten schneidet man ihn in ein paar handliche Stücke (Vorsicht – der Pilz ist sehr hart!) und lässt diese an einem warmen, luftigen Ort trocknen. Bereits getrocknete Pilzstücke sind sofort einsatzbereit.
  2. Zerkleinern: Oft wird der Pilz, wenn er noch nicht getrocknet ist, mittig zerteilt und das Innere, die Röhrenschicht (Trama) – der eigentliche „Zunder“ – rausgekratz. Ich trockne den Pilz zuerst und schneide ihn dann mit der Bandsäge in Scheiben und pracktische Stücke.
  3. Entzünden: Nimm ein Stück des vorbereiteten Zunderschwamms mit einer feuerfesten Zange (z.B. Räucherkohle-Zange) in die Hand. Halte nun eine stabile Flamme an eine der Schnittflächen oder an die porige Unterseite des Pilzes, bis er anfängt zu glühen. Am besten eignet sich dafür eine Kerze oder – noch effizienter – ein kleines Bunsenbrenner-Feuerzeug. Hab etwas Geduld: Der Pilz braucht mitunter ein paar Sekunden, bis er Feuer fängt. Sobald sich ein erstes Glutnest zeigt, puste behutsam hinein, um die Glut zu vergrößern. Achtung: Anders als selbstzündende Kohle knistert oder funkelt der Zunderschwamm nicht – man erkennt das Entzünden vor allem an der glimmenden, rot leuchtenden Stelle und daran, dass das Pilzstück zu rauchen beginnt.
  4. Platzieren: Lege das glühende Pilzstück in ein feuerfestes Räuchergefäß (Schale, Räucherstövchen o.Ä.), idealerweise auf eine Schicht Sand oder Salz. Die Glutseite zeigt nach oben und sollte möglichst waagerecht liegen, damit das Räuchergut später nicht herunterfällt. Durch den Sand liegt der Glutträger stabil, bekommt genug Luft und das Gefäß wird vor zu großer Hitze geschützt. Warte einen Moment, bis der Zunderschwamm eine gleichmäßige Glutfläche entwickelt hat – du kannst eventuell nochmals leicht pusten, um ihn richtig in Gang zu bringen.
  5. Räuchern: Jetzt kannst du dein gewünschtes Räuchergut auflegen – zum Beispiel Harze (Weihrauch, Myrrhe), getrocknete Hölzer oder Kräutermischungen. Am besten verwendest du einen kleinen Löffel oder ein Räucherstäbchen, um die Zutaten vorsichtig auf die Glut zu setzen. Anfangs genügen kleine Mengen, da der Zunderschwamm eine etwas kühlere Glut liefert als Kohletabletten – so verhinderst du, dass die kostbaren Kräuter verkohlen. Du wirst sehen, wie sich nach und nach die Duftnoten der Räucherstoffe entfalten. Genieße den natürlichen Rauch und die Atmosphäre!
  6. Nach dem Räuchern: Ist das Räuchergut abgebrannt oder möchtest du die Session beenden, lass den Zunderschwamm vollständig ausglimmen. Die Glut erlischt meist von selbst nach einigen Minuten, je nach Stückgröße. Du kannst den Prozess beschleunigen, indem du das Stück zerdrückst oder in Sand erstickst – aber Vorsicht: Es können im Inneren noch Glutnester sein. Warte lieber etwas länger und stelle sicher, dass keine Hitze mehr vorhanden ist, bevor du die Überreste entsorgst Die übrig gebliebene Asche ist rein mineralisch und kann problemlos im Biomüll oder Garten entsorgt werden. Lüfte den Raum kurz durch, um den Rauch abzuziehen, und erfreue dich am nachhaltigen Räucherritual.

In der Praxis merkt man schnell, dass das Arbeiten mit Zunderschwamm etwas achtsamer und langsamer vonstattengeht als mit einer schnellen Selbstzünder-Kohle. Doch genau das macht den Charme aus: Statt hektischem Entzünden und Funkensprühen genieße ich den ruhigen Prozess, wie der Pilz langsam zu glimmen beginnt und die ersten duftenden Schwaden aufsteigen.

Ökologische Vorteile gegenüber klassischer Räucherkohle

Die Verwendung von Zunderschwamm als Räucherkohle-Ersatz bringt eine Reihe von ökologischen (und gesundheitlichen) Vorteilen mit sich:

  • Nachwachsender Rohstoff: Zunderschwämme wachsen wild auf abgestorbenen Laubbäumen und können in Maßen geerntet werden, ohne lebende Bäume zu fällen. Klassische Räucherkohle besteht meist aus Holz- oder Kokosnussschalen-Kohle, deren Herstellung Energie verbraucht und teils mit Abholzung oder Monokulturen einhergeht. Der Pilz dagegen ist ein natürliches „Abfallprodukt“ im Wald und vermehrt sich von selbst. (Dennoch gilt: nie wahllos Massen sammeln – der Pilz ist auch Lebensraum für Insekten und Teil des Waldökosystems.)
  • Chemiefrei & schadstoffarm: Während Schnellzünd-Kohletabletten oft mit Salpeter oder anderen Zusätzen getränkt sind, um sie zündfähig zu machen, kommt der Zunderschwamm ohne Zusatzstoffe aus. Man atmet beim Räuchern also nur den Rauch der Naturmaterialien ein – Pilz plus Harze/Kräuter – und keine unbekannten Chemikalien. Viele finden den Rauch daher angenehmer und „weicher“ im Geruch als den beißenden Anzündgeruch mancher selbstzündenden Kohle.
  • Weniger Abfall: Räucherkohle ist meist einzeln verpackt in Alufolie oder Plastikrollen; zudem bleibt nach dem Räuchern ein Kohletabletten-Rest zurück, den man entsorgen muss. Beim Zunderschwamm hat man nur etwas feine Asche, die man sogar im Garten verstreuen kann. Verpackungsfrei sammeln (oder im Papiertütchen kaufen) spart Müll.
  • Energetischer Aspekt: Für diejenigen, denen es wichtig ist – ein natürliches Produkt wie der Zunderschwamm trägt die „Energie des Waldes“ in sich. Manchmal wird berichtet, das Räuchern fühle sich authentischer und geerdeter an im Vergleich zur Verwendung industrieller Kohle. Zumindest weiß man genau, was man in der Schale hat: ein Stück Natur pur.
  • Traditionspflege: Indem man Zunderschwamm nutzt, hält man ein Stück altes Wissen lebendig. Das bewusste Entzünden und Glühenhalten des Pilzes ist fast schon ein kleines Handwerk. Es verbindet uns mit den Methoden unserer Vorfahren und ist ein schönes Gesprächsthema für interessierte Gäste – ganz im Sinne einer nachhaltigen, naturverbundenen Lebensweise.

Eigengeruch des Zunderschwamms beim Glühen

Eine häufige Frage lautet: „Riecht der Zunderschwamm selbst beim Glühen?“ Die Antwort ist ja – aber dezent. Der Pilz hat einen eigenen, milden Duft, der beim Verbrennen freigesetzt wird. Er ist nicht völlig geruchsneutral, bringt jedoch kein starkes oder unangenehmes Aroma mit.

Wichtig zu wissen: Der Eigengeruch des Zunderschwamms ist viel schwächer als der eigentliche Räucherduft der aufgelegten Harze und Kräuter. In der Regel dominiert das Räuchergut den Geruch, und der Pilz dient wirklich nur als unaufdringlicher Träger. In Kombination mit Waldharzen, Hölzern und Moosen harmoniert das Pilzaroma sogar ausgesprochen gut – sie stammen aus derselben Umgebung und ergänzen sich natürlich. Die Hersteller von Natur-Räucherwerk betonen, dass sie die „warme Note“ des Zunderschwamms schätzen gelernt haben. Und auch ich muss sagen, anfangs mag der Geruch ungewohnt sein, doch bereits nach ein paar Räucherrunden nimmt man ihn als selbstverständlichen Teil des Dufterlebnisses wahr.

Im Gegensatz zu mancher Schnellkohle, die beim Entzünden nach Schwarzpulver oder Chemie riecht, verbreitet der glimmende Zunderschwamm also einen natürlichen Rauchduft. Beim Ausglühen entsteht ein leicht herber, holziger Geruch, der aber nach kurzem Lüften verfliegt. Wer extrem fein duftende Blüten räuchern möchte, könnte den Pilzduft eventuell als Minimaleinfluss bemerken, für die meisten Anwendungen ist er jedoch praktisch vernachlässigbar.

Tradition trifft Nachhaltigkeit

Der Zunderschwamm als Räucherkohle-Ersatz verbindet auf wunderbare Weise historisches Wissen mit modernem Umweltbewusstsein. Für mich persönlich ist das Räuchern mit dem glimmenden Baumpilz zu einer liebgewonnenen Alternative geworden. Anfangs war ich neugierig, ob so ein Pilz wirklich mithalten kann – inzwischen genieße ich jede Räuchersession damit und habe den Dreh raus. Es ist ein ruhigeres, bewussteres Ritual als das hektische Entzünden einer Schnellkohletablette.

Nicht zuletzt fühlt es sich gut an zu wissen, dass man kein Produkt der Massenindustrie verwendet, sondern ein Naturmaterial, das man vielleicht sogar selbst im Wald gesammelt und vorbereitet hat. Der Zunderschwamm bringt uns ein Stückchen näher zur Natur und zu den Wurzeln unserer Kultur des Räucherns. Wer Freude am Experimentieren und an heimischen Rohstoffen hat, sollte diesem traditionellen Glutträger ruhig eine Chance geben.

Quellen: Viele der hier geteilten Informationen stammen aus meiner eigenen Erfahrungen und meinem Wissen und dem von Kräuterkundigen und nachhaltigen Lebensweisen. Besonders spannend ausführlichen Beiträgen von Celticgarden, die die traditionelle Verwendung des Zunderschwamms beschreibt, und bei Heckenwerk – Rauch & Ritual, die den Pilz als Räucherkohle-Alternative im modernen Kontext vorstellen. Auch ein Blick in Wikipedia bestätigt die lange Nutzungsgeschichte. Ich hoffe, dieser Überblick inspiriert dich, den faszinierenden Zunderschwamm selbst einmal auszuprobieren!

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Über Cindy Kuhn

Cindy Kuhn ist 1987 im nördlichen Saarland geboren, wo sie auch heute noch lebt und ihre Zeit mit ihren Pferden, Hunden und Katzen in ihrem gemütlichen Haus mit großem Garten genießt.

Nach ihrer Ausbildung zur Tiermedizinischen Fachangestellten hat sie ihre Weiterbildungen in den Bereichen Pferdegesundheit und -verhalten, Energetik und Aromatherapie bei bekannten Größen der Szene absolviert.

Cindy ist seit 2017 selbständig und begleitet als Expertin auf ihren Fachgebieten Menschen und Tiere. Als freie Dozentin und Referentin teilt sie ihr breit gefächertes Wissen mit TherapeutInnen und Interessierten aller Sparten.

Ihre Vision ist es, dass Mensch und Tier harmonisch ihren gemeinsamen Weg gehen. Deshalb sieht sie ihre Mission darin, Menschen zu sensibilisieren und auf Zusammenhänge hinzuweisen, die nicht immer gleich erkennbar sind. So kann ein tieferes Verständnis als Basis einer guten Beziehung und eines schönen Miteinanders entstehen.

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